Was Top HR Professionals jetzt auszeichnet: Michael Illert im Podcast Personalwelten

Autor Michael Illert
Juli 19, 2022

Die Unternehmenswelt befindet sich im Wandel und damit auch die Rolle und Anforderungen an HR Professionals in Unternehmen. Doch welche Skills müssen erfolgreiche HR Professionals zukünftig mitbringen? Welche Kompetenzen sind nicht mehr wegzudenken und wie sieht die Zukunft der HR Landschaft aus? 

Michael Illert (Lead Partner, Continental Europe – The SR Group) und Mitglied des AIESEC Alumni Europe Board spricht mit Nicolas Bogs, Unternehmer, Personalberater und Host des Podcasts Personalwelten über die Zukunft von HR, die größten Herausforderungen für HR Professionals, über Diversity, Inclusion und vieles mehr.  

Wir stellen hier Michael’s wichtigste Punkte aus der Diskussion vor, geben einen Einblick in die Zukunft von HR und zeigen, welche Skills nicht mehr aus der Branche wegzudenken sind. Die komplette Episode finden Sie auf der Personalwelten Website.

Flexibilität und Kreativität als Treiber bei Suchprozessen  

Suchprozesse können langwierig und schwierig sein und daher braucht es vor allem Flexibilität, Antrieb und Motivation um auch Herausforderungen und Rückschritte zu überwinden.  

“Es gibt keinen ‚besten Kandidaten‘. Jemand kann ein guter Kandidat für Kunde X sein, doch dieselbe Person kann gleichzeitig ein schlechter Kandidat für Kunde Y sein. Wir können kein einheitliches Maß für alle Talente am Markt ansetzen.” 

Der Markt ist transparent und der Wettbewerb um die richtigen HR Talente ist hart, viel härter noch als vor ein paar Jahren. Menschen sind mittlerweile durch Tools wie LinkedIn oder Xing unglaublich schnell zu identifizieren, damit aber auch für alle zugänglich. Eine große Herausforderung im Recruitment ist es, zu den richtigen Talenten durchringen zu können und oft ist dabei eine kreative erste Ansprache entscheidend.  

Was bedeutet HR Arbeit in der Zukunft?  

Unsere (Arbeits-)Welt verändert sich immer schneller und ist ungewöhnlich komplex geworden. In den letzten Jahren hat das Frazer Jones Team einige Krisen miterlebt – die globale Finanzkrise, ein unerwarteter Brexit, die Coronapandemie und der Krieg in der Ukraine. Das sind Herausforderungen, die sich auf die Unternehmenswelt widerspiegeln – insbesondere in Bezug auf die aktuelle Knappheit an Talenten. Der große Wert und das intellektuelle Know-How eines Unternehmens sind seine Mitarbeitenden, doch die HR Abteilungen vieler Unternehmen gehen diese Herausforderung falsch an, denn viele Projekte werden noch immer sehr traditionell oder prozessgetrieben angegangen und bestimmte Themen sehr planmässig abgehandelt. Insbesondere die deutsche Personalszene hat dazu im internationalen Vergleich einen enormen Aufholbedarf.

In Recuitmentprozessen gibt es mittlerweile keinen klassischen Bewerbungsprozess mehr, denn an seine Stelle ist eher ein Austausch getreten, bei dem Kunde und Bewerber*in versuchen herauszufinden, ob sie miteinander arbeiten möchten. Die Frage, warum ein Bewerber oder eine Bewerberin in einem bestimmten Unternehmen arbeiten möchte, ist eher zweitrangig. Wir fragen uns stattdessen: Was treibt den Bewerber von seinem aktuellen Arbeitgeber weg und was kann der Kunde alternativ bieten?  

Das Thema Business Partnering ist auf internationaler Ebene schon viel weiter entwickelt und wird außerhalb Deutschlands bereits ganz anders gelebt. Bei uns wird immer noch diskutiert inwiefern man die drei Säulen des HR Business Partnering implementieren kann und wie man das Business Partnering aufziehen kann. In England überlegt man bereits, was der nächste innovative Schritt nach dem Business Partnering sein könnte. Deutschland fehlt es oft an internationalem Input, was besonders auf großen bundesweiten Personalermessen deutlich wird. Konferenzen werden fast ausschließlich auf Deutsch ausgetragen und es fehlen internationale Speaker und der Blick über den Tellerrand.  

Was ist der ideale HR Professional der Zukunft?  

„Es braucht einen Business Leader, der zufällig HR macht und keinen HRler, der mit am Tisch sitzen will.”  

Eine Wechselmotivation im HR ist oft, dass HRler nicht mit am Entscheidungstisch sitzen dürfen. Doch dieser Platz wird nicht einfach vergeben, sondern will erarbeitet werden. Viele HR Einsteiger*innen starten ihre Karrieren in Beratungen oder in Positionen, bei denen sie eigenen Umsatz generieren – dies bringt einen einzigartigen Ansatz und viel Durchhaltevermögen mit.  

In Interviews mit Senior Kandidat*innen bemerken wir häufig, dass Headcounts, Budgets und ähnliches Thema ist, was auch wichtig, aber zunächst zweitrangig ist. Die wirklich interessante Frage an Unternehmen ist, was die Herausforderungen des Business sind. Wie kann HR unterstützen, um diese Herausforderungen zu bewältigen? Wie viel Einfluss hat die HR Abteilung im Unternehmen?  

“Der moderne Personaler redet viel mehr über das Business und die Herausforderungen der Industrie als über HR Themen. Man würde von ihm sehr lange kein einziges HR Buzzword hören.” 

Mit dem demografischen Wandel bricht momentan die Generation Babyboomer vom Arbeitsmarkt weg und es wird eine Herausforderung diese Headcount Lücke mir der geringen Zahl an Menschen im zukünftigen Arbeitsmarkt zu füllen.  

Wie kann ein HR Professional der Zukunft mit Herausforderungen wie diesen umgehen?  

Oft ist klarer Pragmatismus und eine genaue Zielsetzung innerhalb des Businesses entscheidend. Oft ist das Tool oder die Lösung, die auf der letzten HR Konferenz vorgestellt wurden, nicht der richtige Weg für ein bestimmtes Unternehmen. Bei der Frage nach dem richtigen Lösungsansatz ist die Orientierung an Zahlen besonders hilfreich. Was misst den Erfolg des Unternehmens? Was wollen wir erreichen? Wenn Ziel x erreicht ist, wie müssen sich Zahlen angepasst haben?  

All diese Fragen, Zielsetzungen und Ergebnisse müssen innerhalb des Unternehmens klar definiert werden. Die Rolle des HR Business Partners ist es, in strategisch und wie ein Business Leader zu denken, um Unternehmensziele klar mitzubestimmen und voranzubringen.  

HR und Digitalisierung 

AI Tools können gewisse Dinge vereinfachen, sie können aber nicht jede Herausforderung lösen – AI schafft weniger im Bereich HR als vielseitig angenommen.  

Viele HR Abteilungen sehen in der Digitalisierung die Möglichkeit der Kontaktvermeidung. Dies ist aber ein falscher Ansatz, denn die eigentliche Frage ist: Was kann digitalisiert werden, damit HR Professionals mehr High-Touch-Arbeit machen können und Zeit für den direkten Kontakt gewinnen?  

Das Thema Digitalisierung scheiert oft an einer schlechten Datenlage. Gerade internationale Daten können schwer zusammengefasst werden. Ebenfalls nteressant wäre es, zu messen, wann sich jemand entscheidet ein Unternehmen zu verlassen. Kann man diesen Punkt mit Zahlen und Daten definieren? Warum sind bestimmte Karrieren so erfolgreich und andere nicht? Wieso nimmt Performance ab und inwiefern korreliert dies mit anderen Ereignissen? Die Möglichkeiten, diese Zahlen zu erfassen und zu analysieren sind momentan noch sehr limitert und in Bezug auf Wordforce Analytics gibt es noch viel Entwicklungsspielraum.

Wie kann man die eigene Belegschaft auf ein digitalisiertes Geschäftsmodell vorbereiten? Wo liegt da die Herausforderung und was ist die richtige Herangehensweise?  

Dieses Thema wird oft unterschätzt, denn digitale Fähigkeiten sind auch außerhalb von HR Abteilungen limitierter als man annimmt. Viele Mitarbeitenden sind technisch nicht auf dem Niveau eine erfolgreiche Digitalisierung voranzubringen – und auch über die Generationen hinweg kann man keine großen Unterschiede feststellen.  

Es gibt einen großen Weiterbildungsbedarf und es braucht dafür einen vielschichtigen Ansatz, weil Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen zusammen kommen.  

All dies bleibt eine große Herausforderung und die Schwere zwischen den Unternehmen, die schon immer digital gearbeitet haben und denen, die Digitalisierung voranbringen müssen, läuft immer weiter auseinander.  

Diversity und Inklusion sind mehr als nur Schlagworte 

Das Thema Diversity ist eine Großbaustelle für die Zukunft und gerade in Deutschland fehlt oft das Verständnis für Inklusion. Es ist beispielsweise mehr als verwunderlich, wenn Vorstände sich für Gender Diversity feiern, wenn die Gesamtheit dieser Vorstände deutsch ist, weiß ist, ca. 90% auf Doktorlevel studiert hat und damit ausschließlich die deutsche Bildungselite repräsentiert. Da ist klar, dass bis auf das Gender eigentlich nichts an diesem Vorstand divers oder inklusiv ist. 

Die Herausforderung für Unternehmen in Bezug auf Inklusion ist, dass die neuen Talente auf dem Markt Inklusion erwarten und als normalen Standard voraussetzen. Diese treffen dann auf eine Unternehmenswelt, in der immer noch Führungskräftetrainings für Frauen und Netzwerkgruppen für LGBTQAI+ angeboten werden. Um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, muss man Inklusion und Equity wirklich leben.  

Wie können große Themen wie demografischer Wandel, Digitalisierung und Diversity in einem Unternehmen vorangebracht werden? 

In der Debatte um Diversity wird sehr oft das Thema des Alters vergessen und wir müssen aufhöhen, Alter zu diskriminieren.

Wir sollten aufhören zu erwarten, dass man bereits mit 15 Jahren weiß, welche Führungsposition man mit 50 besetzen möchte. Gerade in Deutschland liegt immer noch ein sehr starker Fokus auf dem Lebenslauf und seine sogenannte rote Linie. Wir müssen uns viel öfter fragen, ob die Person das richtige Repertoire an Fähigkeiten mitbringt und die passenden Skills für eine gewisse Position hat.  

Wie erkennen HR Abteilungen das beste HR Talent für ihre Position?

“Die absolute Key Kompetenz für HR Professionals ist, sich auf Neues einstellen zu können.“ 

Eine Herausforderung ist, eine bestimmte Anzahl an Bewerber*innen durchzuarbeiten und Lebensläufe zu analysieren. Dabei werden durch bestimmte Grading Tools oft viele Dinge automatisiert, die eigentlich manuell durchgearbeitet werden sollten. Ein weiterer Punkt ist, dass die Person, die in der Eingangsstufe Lebensläufe liest, oft zu wenig Erfahrung hat. Die beste Person für eine Position könnte ein Profil mitbringen, das laut CV nicht allen Kriterien entspricht und damit fällt diese schon im Eingangsprozess raus.  

Ein anderer Punkt ist hier, dass es in Deutschland gerade im Senior Bereich noch einen großen Fokus auf Assessment Center gibt, obwohl Studien bereits seit Jahren die Signifkanz von Assessment Center in Frage stellen – denn deren Validität liegt im Vergleich zu einem richtigen kompetenzbasierten Interview unter 50%.  

Auch im Einstellungsprozess ist es erneut wichtig, Ziele genau zu definieren: Was möchte ich mit der Position erreichen? Welche Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften brauche ich darauf aufbauend? Um dann die richtigen HR Professionals zu finden, ist ein Mix aus leicht strukturierten kompetenzbasierten Interviews und dem richtigen Cyclomatic Tool ideal.  

Wo ist die Dichte an HR Professionals am höchsten?  

Natürlich wäre die einfache Antwort auf Professional Social Networks wie LinkedIn oder XING. Es gibt aber ganz viele Personen, die dort verloren gehen, denn sobald das richtige Talent kein optimiertes Profil besitzt, kann es nicht gefunden werden.  

Idealerweise wird für die Suche nach HR Professionals ein Mix aus allen verfügbaren Tools verwendet Professional Social Networks sind heutzutage zwar ungeheuer signifikant, aber genauso wichtig ist das Netzwerk aus eigenen Mitarbeitenden, Geschäftspartner*innen, Kunden, Suppliern etc. Auch Events erzeugen Aufmerksamkeit und erweitern das Netzwerk.  

Doch auch, wenn alle Strategien richtig eingesetzt werden, ist die große Herausforderung nicht, die richtige Person zu finden, sondern dafür zu sorgen, dass diese Person mit einem spricht. Sehr erfolgreiche Leute sind busy und nicht aktiv im Markt unterwegs.  

Key Takeaway: Was macht Top HR Professionals also zukünftig aus?

Wir brauchen zum einen HR Professionals, die gleichzeitig Business Leader sind, das Business verstehen und dafür sorgen, das Business voranzubringen.  

Zum anderen ist das Thema Talent entscheidend. Neben einem erfolgreichen Einstellungsprozess müssen wir uns fragen, wie wir Talente halten und entwickeln können. Wie können wir Karrieren sicherstellen und voranbringen, aber gleichzeitig dafür sorgen, dass eine gewisse Fluktuation bestehen bleibt, um Innovation im Unternehmen zu fördern? 
 
Alle anderen Themen kommen automatisch dazu doch der Fokus auf Business und Talent sind am wichtigsten, da sich der Arbeitsmarkt für Key HR Talente in den nächsten Jahren nicht großartig verbessern wird.  

Über Michael Illert

Michael ist Lead Partner (Continental Europe) bei The SR Group und leitet unsere globalen Brands Frazer Jones, Taylor Root und Carter Murray in unseren Standorten in Europa. Darüber hinaus ist er Diversity Champion und engagierte sich schon in jungen Jahren für wohltätige Zwecke im Bereich Inclusion und Equity. Michael ist Mentor bei MyGwork, war 2002 Vice President für External Relations bei AIESEC und ist immer noch Teil des AIESEC Alumni Europe Board.

Michael ist neben seiner strategischen Funktion bei Frazer Jones stark im operationellen Tagesgeschäft eingebunden und platziert vorrangig CHROs, European & Global HR Directors, Heads of Talent und Learning sowie HR Business Partner auf Director Ebene.

Über den Podcast Personalwelten  

Personalwelten bietet interessante Einblicke in die Bereiche Wirtschaft, Wissenschaft, Sport, Kirche oder Recht und beleuchtet aktuelle Personalthemen aus einer neuen Perspektive. Alle Gesprächspartner haben dabei eins immer gemein: Das Interesse am Thema und die Bereitschaft, ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Gedanken zu teilen.  

Featured Content